Monatsmeldung März 2024
Rasen im Vorgarten?
Irgendwie unlogisch…
Kein Garten ohne Rasen – so könnte man zumindest meinen, wenn man hierzulande
auf die Grundstücke schaut. Tatsächlich gehört die grüne Fläche für viele Menschen
einfach dazu, zumeist aus ganz praktischen Gründen. Auf Rasen können die Kinder
spielen, die Eltern entspannen, der Hund seine Runden ziehen… nur die wenigsten
Pflanzen halten all diesen Aktivitäten stand. Wildblumenbereiche beispielsweise
wollen gar nicht erst betreten werden, ähnlich geht es Staudenbeeten. Bodendecker
wie Sand-Thymian (Thymus serpyllum) oder Römische Teppich-Kamille
(Chamaemelum nobile) werden zwar häufig als Alternativen genannt, denn auch sie
wachsen dicht, niedrig und sind durchaus begehbar. Dennoch: Ein vollwertiger Ersatz
für einen aktiv nutzbaren Rasen sind sie nicht.
Zur aktiven Freude
Rasen bietet also – fast konkurrenzlos – all das, was es braucht, um sich im Grünen
zu bewegen und aufzuhalten. Das erkannten die Menschen schon vor
Jahrhunderten. Im Mittelalter wurden im Umfeld der Städte bereits Wiesenflächen
speziell für Wettkämpfe und Feste angelegt. In der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts kamen sogenannte „pleasure grounds“ in Mode: Rasenflächen zum
Lustwandeln, an die hohe pflegerische Qualitätsansprüche gestellt wurden. Und
auch heute noch sind Rasenflächen in den Parks der Städte und auch in privaten
Gärten für viele Menschen enorm wichtig und sie sollen stets perfekt aussehen. Er
wird vertikutiert, nachgesät, gedüngt, gemäht, gegossen. Viel Arbeit, aber häufig ist
er es in den Augen vieler Familien wert – immerhin bietet er den Kindern die
Möglichkeit, in einem geschützten Raum ihren Bewegungsdrang zu stillen, meistens
hinter dem Haus. Aber wie sieht es im Vorgarten aus?
Repräsentation statt Aktion
Der Vorgarten ist eher eine Repräsentations-, denn eine Nutzfläche. Hier können die
Hausbewohner*innen sich der staunenden Öffentlichkeit so darstellen, wie sie
gesehen werden wollen. Zwar hat der Vorgarten auch ganz klar eine soziale Funktion
– hier kommt man mit den Nachbarn in Kontakt, tauscht sich mit Spaziergängern aus
–, aber tatsächlich genutzt wird der Bereich zwischen Haus und Straße eher selten.
Anders als noch vor ein paar Jahrzehnten ist die Gartenbank vor dem Haus heute
eine Seltenheit – viel lieber hält man sich im Privaten auf als in diesem
halböffentlichen Raum. Aktiv genutzt wird der Vorgarten in der Regel nur dann, wenn
man geht und wenn man kommt. Und trotzdem entdeckt man auf einem Großteil der
Grundstücke eine penibel gepflegte Rasenfläche. Da stellt sich die Frage: Wieso?
Rasen im Vorgarten: Ergibt das Sinn?
„Viele Menschen sehen im Rasen eine einfache Art der schnellen Begrünung von
Flächen. Aber das ist natürlich zu kurz gedacht“, weiß Uschi App vom
Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL). „Zu Beginn
geht es zwar tatsächlich schnell – man braucht sich im Vorfeld kaum mit Aspekten
wie Standortbedingungen oder der Vergesellschaftung von Pflanzen
auseinanderzusetzen – auf lange Sicht benötigt aber kein anderer Bereich im Garten
so viel Aufmerksamkeit wie eine Rasenfläche.“ Wenn man sich eine pflegeleichte
Gestaltung für den Vorgarten wünscht, gebe es im Pflanzenreich deutlich sinnvollere
Alternativen, die darüber hinaus auch Insekten und Vögeln Nahrung und
Rückzugsorte bieten, kaum bis gar kein zusätzliches Wasser verlangen und
insgesamt klimarobuster als Rasenflächen sind, so die Expertin für Garten und
Landschaft.
Mit Blick nach vorn
Rasen hat hinter dem Haus durchaus seine Berechtigung, vor allem für Familien –
dann rentiert sich hinsichtlich der Freude bei verschiedenen Outdooraktivitäten auch
die regelmäßige Pflege. Doch im Vorgarten empfehlen Landschaftsgärtner*innen
eher, auf trockenheitsresistente Stauden, Gräser und Gehölze zu setzen oder, wenn
es eine möglichst flache Bepflanzung sein soll, Bodendecker zu wählen, die
eindrucksvoll blühen. Generell gilt: Wer durch das Jahr abwechslungsreiche
Blütenfreude erleben und auch Tieren etwas bieten möchte, erstellt gemeinsam mit
den Expert*innen für Garten und Landschaft einen auf den Standort und die
individuellen Wünsche angepassten Pflanzplan. „Einmal angelegt, hat man fast das
gesamte Jahr über Ruhe. Gräser und Stauden beispielsweise müssen nur einmal im
Frühjahr geschnitten und nur bei langanhaltender Trockenheit gegossen werden. Da
kann eine klassische Rasenfläche nicht mithalten“, so Uschi App. „Hinzu kommt,
dass man immer wieder neue Überraschungen erlebt, neue Blüten, Farben, Früchte
entdeckt, Bienen und Schmetterlinge beobachten kann, Vögel zwitschern hört… da
blüht und lebt der Vorgarten richtig auf!“